Reichweite und Streckenplanung

Vor allem für Fahrer von älteren/gebrauchten Fahrzeugen mit Reichweiten unter 250km und wenig Erfahrung ist es bei Überlandfahrten in Gegenden wo noch wenig Schnellladesäulen zur Verfügung stehen sinnvoll ein wenig vorzuplanen.

Eine gute Adresse für sowas ist A Better Routeplanner, eine Webseite (bzw. Applikation) die eine sehr gute Planung von Fahrten ermöglicht, vor allem aber auch etwas, wo man durch herumprobieren von Optionen eine gute Einschätzung lernen kann, wie sich die Reichweite unter verschiedenen Bedingungen verhält. Die Applikation ermöglicht Eingabe von Fahrzeug, Verbrauch, Beladung usw. und berücksichtigt vor allem auch das Höhenprofil der Strecke, damit erreicht man eine hohe Zuverlässigkeit der Daten.

https://abetterrouteplanner.com

 

Abhängigkeit von der Geschwindigkeit:

Vor allem für Anfänger kann man nicht oft genug betonen, wie stark bei E-Fahrzeugen die Reichweite von der Geschwindigkeit, und natürlich auch vom Fahrstil abhängt. Anders als beim Verbrennungsmotor erreicht ein E-Fahrzeug sehr früh (bei etwa 20 bis 30km/h) seinen optimalen Wirkungsgrad und hält ihn sehr flach weitestgehend über das gesamte Geschwindigkeitsspektrum, während ein Verbrenner erst etwa bei 70 bis 80km/h einen guten Wirkungsgrad aufweist.

Das bedeutet also, dass der wirklich relevante stark beeinflussende Faktor im Praxisbetrieb die Fahrgeschwindigkeit bzw. der Luftwiderstand ist. (bei sehr unfreundlichem Wetter sollte man bei längeren Fahrten auch an den Einfluss von starkem Gegenwind denken)

Ein weiterer Faktor ist natürlich der individuelle Fahrstil, jemand der ständig extreme Beschleunigungs- und Verzögerungsorgien produziert, wird dadurch seine Reichweite deutlich einschränken.

 

Um die Größenordnungen zu verdeutlichen hier ein Reichweitendiagramm von einem Kona 64, man beachte vor allem die deutlich merkbaren Unterschiede zwischen 90, 110 und 130km/h.

Bei Fahrzeugen mit geringem cw-Wert (also niedrigem Luftwiderstand) wie z.B. einem Ioniq oder einem Model 3 ist die Kurve etwas flacher, bei Fahrzeugen mit höherem Luftwiderstand wie z.B. einem Soul, oder ähnlichen eher kastenartigen Fahrzeugen wird die Kurve steiler, der Reichweitenunterschied wird dort also je nach Tempo noch stärker spürbar.

 

 

Praxistipp: Wenn es wirklich mal knapp wird und man sich verschätzt hat.... Tempo runter, und mit Abstandstempomat hinter einen breiten und hohen LKW hängen, das senkt den Verbrauch sehr deutlich ab und streckt die verfügbaren Restkilometer nochmal ordentlich, ganz nebenbei ist es bei längeren Fahrten auch oft sehr entspannend, und soferne mit Abstandstempomat gemacht, auch sehr sicher.

 

Einfluss von Temperatur / Kälte:

Der Elektrolyt von Lithium-Ionen Batterien verändert bei unterschiedlichen Temperaturen seine Leitfähigkeit, das führt dazu, dass die Batterie bei Kälte weniger Kapazität hat. Als Größenordnung kann man zwischen einer Batterietemperatur von 30 Grad und 0 Grad etwa einen Kapazitätsunterschied von 10 bis 15% annehmen.Es geht dabei immer um die Temperatur der Batterie, und nicht um die Aussentemperatur. Wenn ein Fahrzeug also längere Zeit abgestellt ist, und die Batterietemperatur auf Umgebungstemperatur sinkt ist der Effekt deutlich spürbar. Wenn ein Fahrzeug in der Garage steht, und man dann auf eine längere Überlandfahrt mit mehreren Ladeungen unterwegs ist, spielt die Aussentemperatur kaum eine Rolle, da die Batterie durch Fahrbetrieb und Laden immer gut temperiert sein wird. Eine Batterie die je nach Fahrzeugmodell zwischen 100 und 600 kg schwer ist, kühlt übrigens auch nicht in ein paar Minuten aus, da ist schon eine beträchtliche Wärmekapazität drinnen, die dann bei einem tagelang in der Kälte geparkten Fahrzeug aber auch erst allmählich wieder aufgewärmt werden muss.

 

Einfluss von Berg- und Talfahrten:

Entgegen den unter E-Mobilitätsgegnern weit verbreiteten Gerüchten man könne mit E-Fahrzeugen nicht in die Berge fahren, ist der Einfluss von Bergfahrten sehr gering, und hat wenig Auswirkungen auf die Reichweite.

Natürlich benötigt das E-Fahrzeug wie jedes andere Fahrzeug bei der Bergfahrt große Mengen an Energie, durch die Rekuperation (= Generatorbetrieb des E-Motors) beim Bergabfahren werden aber wieder erhebliche Anteile der bei der Bergfahrt aufgewendeten Energie in die Batterie zurückgespeist.

 

Praxisbeispiel:

Bei mit einem modernen E-Fahrzeug mit topaktueller Leistungselektronik und Motortechnik durchgeführten Testfahrten (Testfahrzeug: Hyundai Ioniq 28kWh) zeigen sich in der Praxis bei längeren Bergstraßen regelmäßig folgende Ergebnisse:

Steile Bergstraße mit 1500m Höhenunterschied, und anschließende Talfahrt an den Ausgangspunkt: Durchschnittsverbrauch für die gesamte Strecke je nach Geschwindigkeit/Fahrweise 10.5 - 14 kWh pro 100km

Das bedeutet in der Praxis, bei normaler Fahrweise ist der Verbrauch pro 100km etwa ident, wie auf gerader Strecke bei einem Tempo von 100 bis 120km/h auf der Autobahn!

Trotzdem natürlich Verluste bei der Rekuperation auftreten, ist die übliche Fahrgeschwindigkeit am Berg typischerweise geringer, und führt also zu weniger Luftwiderstand. In der Praxis hat eine Bergfahrt also kaum Auswirkungen auf die Reichweite. Bei sehr langen Bergfahrten bzw. älteren Autos mit kleinem Akku muss man natürlich den deutlichen Mehrverbrauch bei der Bergfahrt einplanen, den die Reichweitenanzeige im Auto mangels Kristallkugel ja nicht vorplanen kann, man darf sich also bei reinen Bergfahrten keinesfalls auf die Reichweitenanzeige verlassen!

Manche modernen Fahrzeuge planen das Höhenprofil soferne eine Route im Navi eingegeben ist allerdings schon mit, viele Fahrzeuge können das aber leider noch nicht, in der Reichweitenanzeige ist das also meist noch nicht berücksichtigt!

Bitte also immer selber denken nicht vergessen :-)

Man muss bei der Bergstrecke bei der Bergfahrt, je nach Steigung und Beladung, im Extremfall mit bis zum vierfachen Verbrauch rechnen!

Ältere Fahrzeuge haben eine schlechtere Effizienz bei der Rekuperation, man gewinnt also etwas weniger Energie zurück als bei modernen Fahrzeugen mit hochwertigerer Leistungselektronik!

Sollte es oben am Berg bei Aussichtspunkten oder Parkplätzen Ladestation geben (z.B. Großglockner Hochalpenstraße) bitte unbedingt darauf achten das Fahrzeug oben NICHT voll zu laden, weil sonst beim Bergabfahren nicht rekuperiert werden kann, und sie beim Bergabfahren Gefahr laufen, die Bremsen zu überhitzen! (Manche Fahrzeuge rekuperieren schon bei Akku > 90% nicht mehr, manche Fahrzeuge können auch bei 100% noch etwas rekuperieren und den Akku ein oder zwei Prozent überladen, das sollte man aber wenn möglich vermeiden.)

Wenn man das zur Planung berücksichtigt, lassen sich auch mit älteren Fahrzeugen mit kleiner Batterie (z.B. erste Nissan Leafs , E-Golf erste Generation usw.) längere und anspruchsvolle Bergstrecken völlig problemlos bewältigen.

 

 

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